Das hier vorgestellte Konzept verfolgt einen dezentralen Ansatz, der von den einzelnen Eltern und deren pädagogischer Verantwortung für ihr Kind bzw. ihre Kinder ausgeht. Es lassen sich folgende Stufen der Entwicklung eines freien Bildungssystems denken: Der Ausgangspunkt liegt in der individuellen pädagogischenBetreuung der Kinder durch ihre Eltern. Nur mit Eltern, die bereit sind, sich hier entsprechend zu engagieren, wird sich eine allmähliche Reform unseres Bildungssystems verwirklichen lassen. Primär geht es hier um Hilfestellungen zur Förderung der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes, wie es oben ansatzweise dargestellt wurde. Zudem können Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten ergänzende Bildungsprojekte mit ihren Kindern organisieren. In beiden Fällen werden sich auch die Eltern hier vermutlich entsprechend weiterbilden müssen. Die zeitlichen Kapazitäten hierfür und zur gemeinsamen Arbeit mit den Kindern werden allerdings vielfach sehr begrenzt sein. Diese Situation verbessert sich, wenn sich mehrere Eltern zusammenschließen, um mit ihren Kindern eine gemeinsame Bildungsgruppe zu formieren. In einer solchen Konstellation lassen sich gezielte Bildungsprojekte wesentlich leichter organisieren, zumal die Eltern zwar die Projekte mit vorbereiten und mit ihren Kindern reflektieren sollen, um sie jedoch bei der Projektdurchführung so wenig wie möglich zu beaufsichtigen. In einer solchen Bildungsgruppe lassen sich natürlich die sozialen Grundfähigkeiten (Kommunikation, Beziehungs- und Gemeinschaftsgestaltung) der Kinder – und auch der Eltern – wesentlich besser fördern und kultivieren. Zudem sorgt der Austausch mit Gleichaltrigen für einen gewissen Unterhaltungsfaktor, der ein ausgleichendes Gegengewicht zur konzentrierten Arbeit bietet und dadurch einen besseren Rhythmus von Anspannung und Entspannung ermöglicht. Eine weitere Stufe bestünde in der Bildung regionaler Elternverbände. Hier können Eltern ihre Aktivitäten im Internet darstellen, sich miteinander austauschen, kleine (räumlich benachbarte) Bildungsgruppen zusammenführen sowie interessierte Eltern und Kinder in bereits bestehende Gruppen vermitteln mit der Perspektive, dass längerfristig ein flächendeckendes Bildungsnetz innerhalb einer bestimmten Region entsteht, das es jedem Kind ermöglicht, eine erreichbare Bildungsgruppe zu finden. Im Oberstufenalter können Schüler im Übrigen auch unabhängig von ihren Eltern Bildungsprojekte organisieren, sich zu Bildungsgruppen zusammenschließen und ggf. sogar regionale Verbände zur Organisation freier Bildungsaktivitäten begründen. Aufgrund des relativ schnellen Durchlaufs des hierfür in Betracht kommenden Lebensalters wird sich hier allerdings eine hohe Fluktuation ergeben, so dass es schwierig werden könnte, diesbezüglich eine längerfristige Kontinuität zu entwickeln. Schließlich käme in weiterer Perspektive aus elterlicher Sicht auch die Entwicklung eines überregionalenElternforums für freiheitliche Schulbildung in Betracht. Dessen Hauptaufgaben wären die öffentliche Darstellung von Informationen, wechselseitiger Austausch und die Vermittlung gemeinsamer Aktivitäten. Ein entsprechend großes Elternforum könnte auch ein nicht unbeträchtliches bildungspolitisches Gewicht entwickeln. Allerdings erfordert die Bildung überregionaler Foren ein hohes Maß an organisatorischer Professionalität und ist überdies der Gefahr der Herausbildung von Machtstrukturen ausgesetzt (etwa einer offiziellen oder inoffiziellen „Führungsspitze“), die eine wirklich freie Arbeit schnell unterwandern und zerstören können. Falls hierfür keine ausgeprägte Wachsamkeit besteht, wird aus einem Forum schnell ein Politbüro, welches nichtkonforme Bestrebungen unterdrückt und nichtkonforme Mitglieder auszuschließen trachtet. Längerfristig arbeitende Bildungsgruppen könnten auch ein konzentriertes Bildungsprogramm für die Dauer von ein oder zwei Jahren nach dem Schulabschluss der 10. Klasse organisieren. Da ein solches Projekt nicht nur Projektarbeit, sondern sowohl Fachunterricht als auch Themendarstellungen umfassen sollte, käme hierfür die Mitwirkung professioneller Pädagogen in Betracht, die von den Eltern finanziert werden müssten. Von der stundenweisen Unterrichtung der Schüler bis hin zur pädagogischen Gesamtbetreuung einer Bildungsgruppe durch einen Lehrer lassen sich unterschiedliche Varianten denken. Durch den Zusammenschluss freier Pädagogen zu regionalen Lehrerverbänden würde es möglich, ein informelles Lehrerkollegium zu bilden, in welchem alle benötigten Fachrichtungen und Kapazitäten vertreten sind, um die Bildungsgruppen der entsprechenden Region umschichtig zu betreuen. Jeder Pädagoge kann dann mehrere Bildungsgruppen gemäß seinen jeweiligen Kompetenzen unterrichten und sich darüber hinaus auf dem Gebiet der Elternbildung betätigen. Auf dieser Stufe könnte Schule dezentralstattfinden und würde dennoch durch die Selbstorganisation der Lehrer in Absprache mit den Eltern zentral für die gesamte Region organisiert. Die Summe der in der Region aktiven Eltern hat in diesem Modell die Summe der erforderlichen Lehrergehälter zu finanzieren. Dies erfordert wechselseitige Absprachen, die von den finanziellen Bedürfnissen der Lehrer ausgehen müssen. Falls die finanziellen Kapazitäten hierzu nicht ausreichen, werden die Lehrer außer der Betreuung von Bildungsgruppen noch anderen Tätigkeiten nachgehen müssen. Regionale Lehrerverbände könnten sich auch in der Eltern- und Lehrerbildung engagieren, indem sie den jeweiligen Interessenten entsprechende Angebote machen. Darüber hinaus könnten Pädagogen interessierten Schülern Hilfestellungen zur Selbstorganisation und zur Durchführung von Bildungsprojekten geben. Schließlich mag sich auch ein überregionales Lehrerforumherausbilden, welches durch Informationsdarstellung, gegenseitigen Austausch sowie Verabredung und Durchführung gemeinsamer Aktivitäten dieselben Funktionen wie das entsprechende Elternforum hat. In die Zuständigkeit eines solchen Forums fiele auch die Organisation der Lehrerbildung, die wiederum nicht zentral durchgeführt werden sollte, wodurch die Individualität und Vielfalt der Bildung schnell auf verbindliche Einheitsprinzipien und -formen reduziert würde. Stattdessen könnten Lehrer einerseits individuelle Bildungsangebote formulieren und andererseits ihre jeweiligen Bildungsbedürfnisse artikulieren, um sich dann frei zu gemeinsamen Aktivitäten zu verabreden. Die Aufgabe eines zentralen Forums besteht demnach nicht in der Durchführung, sondern in der Vermittlung von Aktivitäten! Zwar könnten sich ein zentrales Elternforum und ein entsprechendes Lehrerforum aus gegebenem Anlass zu gemeinsamen bildungspolitischen Aktivitäten zusammenschließen; grundsätzlich geht der hier vorgestellte Ansatz aber von der wechselseitigen Unabhängigkeit von Eltern und Lehrern und ihren jeweiligen Organisationen aus: Lehrer formulieren ihre Bildungsangebote für Schüler und Eltern, während die Eltern die Bildungsbedürfnisse ihrer Kinder sowie ihren eigenen Bildungsbedarf darstellen, um schließlich konkrete individuelle Bildungsprojekte zwischen Eltern und Lehrern zu verabreden. Ein überregionales Elternforum könnte auch Stiftungen zur Lehrerfinanzierung einrichten und verwalten. Falls Jugendliche ihre Bildung eigenständig organisieren wollen, könnten sie dies entweder innerhalb des Elternforums – etwa in einer eigenen Sektion – oder aber unabhängig von den Eltern tun, indem sie mit dem Lehrerforum in einen entsprechenden Kontakt treten.Zum Seitenanfang